Große Sonderausstellung
„Schönheit und Revolution. Klassizismus 1770–1820“
Schön, lebendig und revolutionär – das ist die Kunst des Klassizismus! Ab Mittwoch, 20. Februar ist die große Überblicksausstellung „Schönheit und Revolution. Klassizismus 1770–1820“ im Städel Museum zu sehen: Wir zeigen in der Schau erstmals die Vielfalt der unterschiedlichen, teilweise sogar widersprüchlichen Facetten des Klassizismus, auch dessen Impulse für die Kunst der Romantik werden ein Thema sein. Einen ersten Einblick in die Schau und deren spektakuläre Leihgaben aus internationalen Sammlungen – darunter Arbeiten von Anton Raphael Mengs, Thomas Banks, Antonio Canova, Jacques-Louis David, Bertel Thorvaldsen und Jean-August-Dominique Ingres – erhaltet Ihr hier.
Karoline Leibfried | 15.02.2013

Charles-Paul Landon (1760–1826); Dädalus und Ikarus, 1799; Öl auf Leinwand, 54 × 43,5 cm; Leihgabe Musée du Louvre au Musée des Beaux-Arts et de la Dentelle d´Alençon, 1861; Foto: David Commenchal
In der umfassenden Sonderausstellung „Schönheit und Revolution“ widmet sich das Städel vom 20. Februar bis 26. Mai 2013 dem Klassizismus und dessen Impulsen für die Romantik. Die große Überblicksschau ist in Zusammenarbeit mit der Liebieghaus Skulpturensammlung entstanden und bietet erstmals in Deutschland einen umfassenden Einblick in die Vielfalt der unterschiedlichen Facetten des Klassizismus: neben Werken von formaler Strenge stehen solche von unerwarteter Lebendigkeit, die den Blick auf die oftmals als statisch angesehene Epoche erweitern. Insgesamt sind rund 100 Werke aus der Zeit von 1770 bis 1820 zu sehen – Skulpturen, Gemälde und Grafiken aus internationalen Sammlungen.

Antonio Canova (1757–1822); Hebe, 1800-1805; Marmor, 158 cm; Staatliche Eremitage, St. Petersburg; Foto: © The State Hermitage Museum, Saint Petersburg, photo: Vladimir Terebenin, Leonard Kheifets, Yuri Molodkovets
Die Suche nach der (Kunst-)Form
Die Ausstellung zeigt den bestimmenden Einfluss der Antike auf die Künstler jener Zeit, die damals nach einer gesellschaftlich relevanten Kunstform suchten. Dabei richtete sich ihr Blick sowohl auf die Ästhetik der griechischen und römischen Kunst als auch auf deren durch Geschichte und Mythologie vermittelte Tugenden und Moral. Und dies auf höchst unterschiedliche Weise: So empfangen den Besucher gleich zu Beginn in der Ausstellung zwei berühmte Marmorskulpturen, eine des italienischen Bildhauers Antonio Canova (1757–1822), die andere vom dänischen Bildhauer Bertel Thorvaldsen (1770–1844). Die beiden sich gegenüberstehenden Skulpturen zeigen jeweils die griechische Göttin Hebe – das gleiche Motiv, doch zwei völlig unterschiedliche Anmutungen. Seit ihrer Entstehungszeit wurden diese beiden Meisterwerke immer wieder miteinander verglichen, sie wurden jedoch noch nie gemeinsam ausgestellt – eine Premiere im Städel, die man nicht verpassen sollte.

Bertel Thorvaldsen (1770–1844); Hebe, 1815–1823; Marmor, 156,5 cm; Thorvaldsens Museum; Foto: Thorvaldsens Museum; Eigenhändiges Marmorexemplar nach dem originalen Gipsmodell aus dem Jahre 1806-1807
Mythos und Moral, Gegenwart und Gefühl: Die vielseitige Motivwelt des Klassizismus
Auf der Suche nach einem Vorbild für sittlich gutes Handeln entdeckten die Künstler des Klassizismus im antiken Mythos das Menschliche. Die Kunst bezog sich jedoch nicht nur auf die Antike, sondern auch auf aktuelle politische Ereignisse – und führt so vor Augen, wie Motive der Gegenwart zunehmend Einzug in die künstlerische Thematik des Klassizismus hielten.

Jacques-Louis David (1748–1825); Patroklus, 1780; Öl auf Leinwand, 122 x 170 cm; Cherbourg-Octeville, Musée d’art Thomas-Henry; © Daniel Sohier
Auf welche Weise wurden Gefühle und Leidenschaft im Klassizismus dargestellt? Auch dieser Frage wird in der Ausstellung nachgespürt. Künstler wie Canova oder Jacques-Louis David (1748–1825) fassten in ihren Werken Emotionen und Pathos auf eine für ihre Zeitgenossen neue Art, die sich vor allem in der Körpersprache der Figuren ausdrückte. Verinnerlichte Gefühle stehen im Vordergrund, in die der Betrachter eintauchen konnte. Die Künstler distanzierten sich damit deutlich vom Pathos der Antike.
Der Weg durch die Ausstellung
Die große Halle im Erdgeschoss der Ausstellung macht die stürmische Entwicklung des Klassizismus bis ca. 1790 erlebbar. Am Beginn steht eine Auswahl von Antikenreproduktionen aus Gips und Bronze aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert, an denen der besonders durch den Archäologen und Kunstschriftsteller Johann Joachim Winckelmann (1717–1768) betonte Kanon antiker Kunst sichtbar wird.
Das revolutionäre Potential der jungen Kunst
Im zweiten Stockwerk des Ausstellungshauses wird erfahrbar, wie die Bezugnahme auf die politische Gegenwart, besonders auf die Französische Revolution, immer mehr zum Thema wurde. Die empfundene Unerreichbarkeit des antiken Ideals führte in der Kunst zudem zu einer immer stärkeren Loslösung von bestehenden Normen. Dem Betrachter wurden größere Interpretationsspielräume zugestanden und die Verinnerlichung der Protagonisten hielt verstärkt Einzug ins Bildgeschehen. Die Phase des „romantischen Klassizismus“ bricht an.

Karl Friedrich Schinkel (1781–1841); Spreeufer bei Stralau, 1817; Öl auf Leinwand, 36 x 44,5 cm; Berlin, Alte Nationalgalerie
Überwindung der Antike
Im letzten Raum der Ausstellung zeigt sich die Vielfalt der Tendenzen, die sich in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts aus dem Klassizismus heraus entwickelten. Die Vorstellung der Antike wird zunehmend distanziert betrachtet, eigenwillig transformiert und von immer mehr Künstlern des 19. Jahrhunderts ignoriert.
Insgesamt präsentiert die Ausstellung den Klassizismus als überraschend vielfältige und lebendige Stilepoche, deren Wunsch nach Erneuerung und Verbesserung durch die Rückbesinnung auf die Antike zum Nährboden für die Romantik wurde. Ab dem 20. Februar könnt Ihr Euch im Städel vom Klassizismus überraschen lassen. Auch der Städel Blog wird ausgiebig über die Themen und Inhalte der Ausstellung berichten.
Die Autorin Karoline Leibfried ist Pressereferentin im Städel Museum. Eines ihrer Lieblingswerke der Schau ist die Skulptur „Amor und Psyche“ (1793) von Antonio Canova.
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