Vivat Städel! Genau 200 Jahre ist es am 15. März 2015 her, dass Johann Friedrich Städel mit der Niederschrift seines Testaments 1815 den Grundstein für Deutschlands älteste bürgerliche Museumsstiftung legte.

Genau 200 Jahre ist es am 15. März 2015 her, dass Johann Friedrich Städel mit der Niederschrift seines Testaments 1815 den Grundstein für Deutschlands älteste bürgerliche Museumsstiftung legte. Das wollen wir natürlich gebührend feiern – und zwar mit einer Vielzahl von hochkarätigen Ausstellungs- und Forschungsprojekten, zahlreichen bedeutenden Erwerbungen und Sammlungserweiterungen, einem großen Bürgerfest sowie einem massiven Ausbau unseres Vermittlungsprogramms, besonders im digitalen Bereich. Über all dies und viele weitere Geschichten rund um das Städel berichten wir in diesem Jahr aktuell im Städel Blog in unserer Reihe „200 Jahre Städel“. Hier gibt es nun schon einmal vorab einen Blick in unser Ausstellungsprogramm 2015:

Jean-Jacques de Boissieu (1736-1810); Porträt Jean-Jacques de Boissieu, 1796; Radierung, 390 x 314 mm; Städel Museum, Frankfurt am Main

Zeichnungen, die schon Städel begeisterten

Das Ausstellungsjahr 2015 startet mit einer Präsentation von Werken des französischen Künstlers Jean-Jacques de Boissieu (1736–1810) in der Ausstellungshalle der Graphischen Sammlung. Unter dem Titel „Jean-Jacques de Boissieu. Ein Zeitgenosse Städels“ zeigen wir vom 11. Februar bis 10. Mai seine in Zeichnung und Druckgrafik ausgeführten Landschaften, Genreszenen und Porträts, die nicht nur Fürsten begeisterten, sondern auch private Sammler wie Johann Friedrich Städel. Städel erwarb mehr als 20 Zeichnungen und weit über 200 Radierungen des Künstlers, die noch heute zum Kernbestand der Graphischen Sammlung des Städel Museums zählen. Das künstlerische Werk de Boissieus, welches in einer Zeit historisch umwälzender Ereignisse entstand, spiegelt in einer fast irritierend unaufgeregten und seriösen Stetigkeit Landschaft und Leben in der Provinz um seine Heimatstadt Lyon.

Claude Monet (1840-1926); Hotel des Roches Noires, 1870; Öl auf Leinwand, 81 x 58,5 cm; Musée d’Orsay, Paris; © RMN-Grand Palais (Musée d’Orsay) / Hervé Lewandowski

Die Anfänge der impressionistischen Bewegung

Mit Claude Monets 1868/69 entstandenem Gemälde Das Mittagessen verfügt das Städel Museum über ein Schlüsselwerk des frühen Impressionismus. Ausgehend von diesem Werk – und dem Sammlungsbestand früher impressionistischer Arbeiten von Auguste Renoir, Édouard Manet, Edgar Degas, Alfred Sisley und Paul Cézanne–  nehmen wir vom 11. März bis 21. Juni mit der Präsentation „Monet und die Geburt des Impressionismus“ die Anfänge der impressionistischen Bewegung in den Blick. Diese umfassende Jubiläumsausstellung knüpft auch an unsere eigene Sammlungsgeschichte an: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte sich der damalige Museumsdirektor Georg Swarzenski leidenschaftlich für die französische Kunst ein. Die Sonderausstellung beleuchtet, inwiefern sich in der Malerei der Impressionisten eine zeitgenössische Seherfahrung manifestiert und wie sich die bildliche Umsetzung dieses „modernen Blicks“ im Laufe der Jahre verändert. Anhand einer Auswahl von über 90 Gemälden, darunter zahlreiche weltberühmte Leihgaben aus internationalen Museen – wie Claude Monets La Grenouillère (1869) aus dem Metropolitan Museum of Art, New York oder L’Étang à Montgeron (1877) aus der Eremitage in St. Petersburg –, werden einzelne Entwicklungslinien des Impressionismus und der Wandel des Verhältnisses von Inhalt und Form veranschaulicht.

William Hogarth (1697–1764); Vorher und Nachher. Vorher, 1736; Radierung und Kupferstich, Platte 430 x 332 mm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum – ARTOTHEK

Von den Lastern und Kehrseiten des modernen Lebens

Die Ausstellung „William Hogarth. Druckgrafiken aus der Sammlung im Städel Museum“ präsentiert vom 10. Juni bis 6. September 2014 druckgrafische Arbeiten des englischen Malers, Kupferstechers und Radierers William Hogarth (1697–1764) – Kunstwerke, die während der Lebenszeit von Museumsstifter Johann Friedrich Städel entstanden. Mit den Folgen Der Weg einer Dirne (1732), Der Weg eines Liederlichen (1735) und Die Heirat nach der Mode (1745) begründete Hogarth die neue Gattung des „modern moral subject“. Als aufmerksamer Zeitgenosse thematisierte er Laster und Kehrseiten des modernen Lebens in der Metropole London. Hogarth verstand seine Werke als gedrucktes Theater seiner Zeit und legte den Grundstein für die gesellschaftskritische Karikatur in England. Die besondere Qualität dieser Arbeiten liegt im großen Interesse an individuellen Physiognomien, der scharfsinnigen Beobachtungsgabe und dem beißenden Witz dieses Künstlers, dessen Werke eine ganze Epoche prägten.

Die 80er. Figurative Malerei in der BRD: Rainer Fetting (*1949); Erstes Mauerbild, 1977; Tempera auf Leinwand, 160 x 190 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum – ARTOTHEK; © Rainer Fetting

Back to the 80s

Mit Werken unter anderem von Ina Barfuss, Jiří Georg Dokoupil, Rainer Fetting, Martin Kippenberger, Albert Oehlen und Salomé beleuchten wir vom 22. Juli bis 18. Oktober in der umfassenden Sonderausstellung „Die 80er. Figurative Malerei in der BRD“ ein ganz besonderes Jahrzehnt: Trotz eines immer wieder proklamierten „Endes der Malerei“ entwickelte sich in den späten 1970er-Jahren nahezu parallel in Hamburg, Berlin und Köln eine figurative Malerei, die sich durch ihre ungezügelte Wucht und Kompromisslosigkeit auszeichnet. Junge Maler ganz unterschiedlicher Richtungen schufen figurative Bilder, die sich nicht an kunsthistorischen Stilen, Ismen und Gruppierungen orientierten. In einer Kombination aus Grenzüberschreitung, Nihilismus und Humor feierten sie die Wiederentdeckung der Malerei und widmeten sich subjektiv und direkt ihrer unmittelbaren Gegenwart. Innerhalb weniger Jahre wurde jene Generation von Malern international rezipiert. Dieser aktuelle Blick auf eine bedeutende und noch zu wenig wertgeschätzte Epoche der deutschen Nachkriegskunst bietet die Möglichkeit für neue kunsthistorische Ansätze und Fragestellungen.

Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum: Bild links: Edgar Degas (1834-1917); Die Orchestermusiker, 1872/1874–1876; Öl auf Leinwand, 63,6 cm x 49,0 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum – ARTOTHEK; Bild rechts: Edgar Degas (1834-1917); Das Ballett aus Meyerbeers Oper „Robert Le Diable“, 1876; Öl auf Leinwand, 81,3 x 121 cm; Victoria and Albert Museum, London; © Victoria and Albert Museum, London

Partnerschaften auf Zeit – hoher Besuch zum Jubiläum

Zum 200-jährigen Bestehen erwarten wir internationalen Besuch: In der von allen Kustoden des Städel gemeinsam konzipierten Schau „Dialog der Meisterwerke. Hoher Besuch zum Jubiläum“ werden vom 7. Oktober 2015 bis 21. Januar 2016 Werke der Städel Sammlung mit Meisterwerken aus den renommiertesten Museen der Welt zusammengebracht. Inhaltlich wie räumlich werden sich diese reizvollen und herausfordernden Vergleiche über alle Sammlungsbereiche des Städel erstrecken: An rund 80 ausgewählten Positionen findet Ihr temporäre „Partnerschaften“ im Museum. Jan van Eycks Verkündigung (um 1434/36) reist beispielsweise aus Washington an und trifft auf die Lucca-Madonna (1437) des Meisters aus dem Städel. In der Gegenüberstellung von Edgar Degas’ Die Orchestermusiker (1872–1876) mit seinem Werk Das Ballett aus Meyerbeers Oper „Robert Le Diable“ (1876) lassen sich intensive inhaltliche wie motivische Bezüge herstellen. Das Frühwerk des Malers Georg Baselitz wird durch das Zusammentreffen von Leihgaben wie Geschlecht mit Klößen (1963) mit seinen Gemälden aus der Sammlung des Städel Museums wie Acker (1962) als bedeutender Bestandteil deutscher Malereigeschichte im 20. Jahrhundert präsentiert. In die Graphische Sammlung kommen unter anderem Werke von Elsheimer, Goltzius und Ernst Ludwig Kirchner zu Besuch. Im Rahmen dieser Gegenüberstellungen von bedeutenden „Jubiläumsgästen“ mit Werken der Sammlung des Hauses werden nicht nur spannende und überraschende kunstgeschichtliche und historische Bezüge hergestellt, sondern auch die Bestände der eigenen Sammlung neu befragt.

John Baldessari (*1931); Movie Scripts / Art: One must act quickly, 2014; Diptychon; Inkjet-Print und Acrylfarbe auf Leinwand; 159,5 x 274,3 cm; Courtesy of the artist und Marian Goodman Gallery

Unverwechselbarer Bildbegriff zwischen Malerei und Fotografie, Text und Bild

Zum Abschluss unseres Jubiläumsjahres zeigen wir vom 5. November 2015 bis zum 24. Januar 2016 Arbeiten des amerikanischen Künstlers John Baldessari (*1931 in National City, Kalifornien), der mit Werkvorlagen aus der Sammlung des Städel eine neue Serie geschaffen hat: Meisterwerke von Lucas Cranach d. Ä, Agnolo Bronzino, Dirck van Baburen  oder Maria Lassnig dienten Baldessari als visuelles Material für großformatige Bildcollagen. In seiner Kunst verwendet und reflektiert er Bildstrategien der klassischen Moderne, etwa die Montage oder die Integration von Alltagselementen, um diese mit Ansätzen der Nachkriegsavantgarden – wie deren Konsum- und Mediendiskurs – zu konfrontieren. Als ein herausragender Vertreter der Konzept- und Medienkunst hat er einen eigenständigen und unverwechselbaren Bildbegriff zwischen Malerei und Fotografie, Text und Bild entwickelt. In der Tradition seiner Auseinandersetzung mit der komplexen Beziehung zwischen Malerei und Fotografie reflektiert Baldessari in seiner neuen Werkgruppe ganz unterschiedliche Arbeiten der Sammlung des Städel und kontrastiert diese mit Text und Monochromie, Fotografie und Konzept.

Bei allen Ausstellungen sind Änderungen vorbehalten.