Albrecht Dürer im Gespräch - Detail aus: Albrecht Dürer, Albrecht Dürer (1471–1528); Trommler und Pfeiffer, um 1503/05; Lindenholz, 94 x 51,2 cm; Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud; © Rheinisches Bildarchiv Köln,

Albrecht Dürer im Gespräch – Detail aus: Albrecht Dürer (1471–1528); Trommler und Pfeiffer, um 1503/05;
Lindenholz, 94 x 51,2 cm; Köln, Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud; © Rheinisches Bildarchiv Köln

Herr Dürer, erst einmal vielen Dank, dass Sie Zeit für dieses kurze Interview haben. Ihre aktuelle Ausstellung im Städel begeistert die Besucher und Sie gehören seit 500 Jahren weltweit zu den bekanntesten Künstlern. Nicht viele wissen allerdings, dass Ihre Familie aus Ungarn stammt. Wie haben Sie diesen phänomenalen Aufstieg zum „Deutschen Meister“ geschafft und wie sind Sie überhaupt zur Kunst gekommen?
„Albrecht Dürrer der elter (d. Ältere) ist auß seim geschlecht geboren im königreich zu Hungern, nit ferr (fern) von einem kleinen stättlein, genant Jula (…). Aber meines vatters vatter ist genant gewest Anthoni Dürrer, ist knaben (als Knabe) weiß in daß obgedachte stättlein kummen zu einen goltschmit und daß handwerckh bei jhm gelernet. Den ersten sohn, Albrecht Dürrer genannt, der ist mein lieber vatter gewest, der ist auch ein goldschmidt worden, ein künstlicher rainer mann. Darnach ist Albrecht Dürrer, mein lieber vater, in Teutschland kommen, lang in Niederland gewest bej den großen künstern, und auf die leczt her gen Nürmberg kommen (…).
Dieser mein lieber vatter hat großen fleiß auf seine kinder, die auf die ehr gottes zu ziehen. Und sonderlich hate mein vater an mir ein gefallen, da er sahe, daß ich fleißig in der übung zu lernen was. Darumb ließ mich mein vater in die schull gehen, und da ich schreiben und lessen gelernet, namb er mich wider auß der schull und lernet mich das goltschmidt handtwerckh. Und da ich nun seüberlich arbeiten künd, trug mich mein lust mehr zu der mallerei dan zum goldschmidwerckh.“

Man könnte Sie also als klassischen Bildungsaufsteiger bezeichnen. Sie sind in Ihrem Leben viel gereist, unter anderem nach Italien und in die Niederlande. Sie waren aber auch in Frankfurt, hier trafen Sie sicherlich auch Jakob Heller, den Auftraggeber des berühmten Heller-Altars, der derzeit in der Ausstellung im Städel zu sehen ist. Was haben Sie für Erinnerungen an Frankfurt?
(Anno 1520)
kamen wir gen Franckfurth und zeiget aber mein zolbrief, da ließ man mich fahren. Und jch verzehret 6 weiß pfenning und anderthalben heller, und den buben gabe jch 2 weiß pfenning, und zu nachts verzehret jch 6 weißpfenning. Auch schenket mir herr Jacob Helller den wein in der herberg. (…) Also fuhr ich im frühe schieff von Franckfurth am sontag gen Mencz (Mainz), und kamen jn mittel weg gen Höst (Höchst); da wieß jch mein zolbrieff, da ließ man mich fahren, auch verzehret ich do 8 Franckfurther pfenning.

Wie genau Sie diesen anscheinend kostspieligen Aufenthalt noch resümieren können! Aber nun zu einem anderen Thema: Ihr Ruhm hat auch Schattenseiten – es gab viele Kopisten und Nachdrucker Ihrer Werke. Was antworten Sie denen?
„Heimliche Neider und Diebe fremder Arbeit und Erfindung, möget eure verwegenen Hände von diesen meinen Werken lassen. Kaiser Maximilian hat mir ein Privileg erteilt, dem gemäß niemand mit unechten Formen diese Bilder nachdrucken oder die Drucke innerhalb der Grenzen des Reiches verkaufen dürfe. Wer aus Missachtung oder Habsucht dawider handle, hat mit Wegnahme der Güter zu rechnen und begibt sich in größte Gefahr.“ (Anm. d. Autorin: Übersetzung seiner Antwort aus dem Lateinischen)

Albrecht Dürer (1471–1528); Rhinocerus, 1515; Holzschnitt; Graphische Sammlung, Städel Museum Frankfurt am Main; Foto: © Städel Museum - ARTOTHEK

Albrecht Dürer (1471–1528); Rhinocerus, 1515; Holzschnitt; Graphische Sammlung, Städel Museum Frankfurt am Main; Foto: © Städel Museum – ARTOTHEK

Ihr Druck eines Rhinozerosses hat in ganz Europa das Bild von diesem Tier geprägt. Auch in der aktuellen Dürer-Ausstellung in Frankfurt ist ein Exemplar zu sehen. Was wissen Sie eigentlich über das Nashorn?
„Nach Christus gepurt 1513 jar (…) hat man dem groß mechtigen kunig von Portugall Emanuell gen Lysabona pracht auß India ein sollich lebendig thier. Es hat ein farb wie ein gespreckelte Schildkrot. Vnd ist in der größ als der helfandt, aber nydertrechtiger van paynen, vnd fast werhafftig. (…) Dann das thier ist also gewapent, das jm der helffandt nichts kann thun. Sie sagen auch, das der Rhynocerus schnell, fraydig vnd listig sey.“

In Ihrem Schaffen haben Sie sich immer wieder in theoretischen Studien der Proportionslehre, aber auch der Ästhetik gewidmet. Herr Dürer, können Sie uns verraten, was für Sie eigentlich Schönheit bedeutet?
„Aber dy hubschheit ist also jm menschen ferfast (erfasst) vnd vnser vrteill so zweifeilhaftig dorin, das wir finden zwen menschen, bede schön vnd ist gar keiner dem andern gleich jn keim einigem stüg oder teill, weder jn mas noch jn art. Wir ferstend awch nit, welcher schoner ist. So blint ist vnser erkantnus. Des halb, so wir dorüber vrteill geben, ist es vngewis.“
Herr Dürer, wir danken für das Gespräch.