Die Teilnehmer der Sommerakademie 2012 in der Rotunde der Schirn Kunsthalle, Foto: Dirk Ostermeier

Montagmorgen, 10.00 Uhr: In den Sommerferien ist das eine Zeit, in der viele Schüler sich lieber noch mal im Bett umdrehen. Die über 100 Teilnehmer der Sommerakademie, die aus allen Teilen Deutschlands, aus Italien und sogar aus Amerika angereist sind,  haben sich jedoch für eine Woche Berufsorientierung im Museum entschieden. Oder es wurde für sie entschieden, wie im Fall von Laura aus Aschaffenburg: „Eigentlich haben meine Eltern mich zur Teilnahme überredet. Noch habe ich keine Ahnung, was auf mich zukommt!“ Zum Auftakt im Städel Museum räumt Dr. Chantal Eschenfelder, Leitung der Abteilung Bildung und Vermittlung von Städel, Liebieghaus und Schirn, auch gleich mit falschen Vorstellungen der Teilnehmer auf: „Am Ende der Woche wisst Ihr vielleicht noch nicht genau, ob ihr Bäcker, Broker oder Bilanzbuchhalter werden sollt, aber ihr werdet viel besser einschätzen können, wo eure Stärken liegen und was zu euch passt. Außerdem bietet euch das einwöchige Programm in unterschiedlichsten Modulen die Möglichkeit, wichtige Kompetenzen wie Kommunikation, Teamfähigkeit oder auch das Verhalten in Konfliktsituationen zu üben, die Voraussetzung für ein erfolgreiches Berufsleben sind“, erklärt Eschenfelder das ebenso erfolgreiche wie innovative Konzept.

Das künstlerische Umfeld bietet den Teilnehmern ganz neue Impulse, um sich mit eigenen Stärken und Schwächen auseinanderzusetzen. So wird beispielsweise gemeinsam mit Theaterpädagogen Körpersprache und -haltung analysiert, während anhand von Bildpräsentationen im Städel Museum überzeugendes Auftreten vor einer Gruppe erprobt werden kann. Zudem regen Jeff Koons’ großformatige Bilder in der Schirn zu kreativem Schreiben an. Skeptisch sind manche anfangs noch bei der künstlerischen Praxis. „Was hat das denn mit meinem Berufsleben zu tun?“ heißt es an mancher Stelle. Dass es auch hier weniger um künstlerisches Arbeiten, sondern um das Erlernen wichtiger Fähigkeiten wie Kreativität, Ausdauer und ergebnisorientiertes Arbeiten geht, erschließt sich manchem erst auf den zweiten Blick. Wenn etwa so ungewöhnliche Materialien wie Spiegel oder Tape-Band zur Selbstpräsentation genutzt werden sollen, sind Flexibilität und ungewöhnliche Lösungsideen gefragt, um sich wirklich ins rechte Licht zu rücken. Und dass das Modellieren mit bunten Luftballons, die auch in Koons’ Werken immer wieder eine Rolle spielen, nicht nur Spaß macht, zeigt sich anschließend in der Gestaltung einer gemeinsamen Skulptur, die hochkonzentriert von den Gruppen geschaffen wurde und deren Vollendung ein erhebliches Maß an Teamarbeit erfordert.

 

Um Alltagssituationen im Bewerbungs- und Berufsleben geht es in anderen Modulen, so etwa beim Bewerbungstraining mit der Firma Accenture oder bei einer großen Podiumsdiskussion mit Vertretern unterschiedlicher Berufszweige (Medien, Medizin, Designagentur, Veranstaltungstechnik und Architektur). Viele Fragen stellten die Schüler im Anschluss noch u. a. an Martin Goldhammer vom Architekturbüro Meixner Schlüter Wendt oder an Alex Kraus, Fotograf und Bildredakteur der Frankfurter Rundschau. Die Lebensläufe der Podiumsteilnehmer zeigen, dass es nur für die wenigsten beruflichen Werdegänge einen allgemein gültigen „Masterplan“ gibt. Steven Sasseville von Orange Hive bringt es vor dem versammelten Podium auf den Punkt: „Wenn ihr von etwas begeistert seid, dann bleibt hartnäckig! Einfach ausprobieren und mutig sein, auch mal etwas falsch zu machen.“

Organisatorisches Geschick, Arbeiten unter Druck, Kommunikationsfähigkeit, all das ist schließlich am Projektmanagement-Tag gefragt, bei dem hinter die Kulissen des Museumsbetriebs geschaut wird. Die Teilnehmer versetzen sich in die Rolle des Kurators, des Ausstellungsdienstes, der Presseabteilung, des Marketing sowie der Abteilung Bildung und Vermittlung und haben die Aufgabe, gemeinsam eine fiktive Ausstellung umzusetzen. Hautnah – „wie im realen Leben“ geht es dort zu, wenn etwa das Budget gekürzt wird, der Kurator inhaltlich noch nicht alle Informationen an die Presse- oder Marketingabteilung geben kann oder die Abteilung Bildung und Vermittlung unter Zeitdruck das Begleitprogramm zur Ausstellung konzipieren muss. Am Ende des Tages fragt Alex, ob das Museumsleben „auch in echt so anstrengend“ sei…

Müde sind sie am Ende dieser Woche alle. Aber letztlich überwiegt die Freude, dabei gewesen zu sein. Nach dem Abschlussfoto fallen sich die Teilnehmer in die Arme, man sieht und verabredet sich auf Facebook.