„Goethe in der römischen Campagna“
Er hängt wieder – Goethe ist zurückgekehrt!
Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins „Goethe in der römischen Campagna“ ist nach knapp vier Monaten wieder zurück im Städel Museum. Das Porträt des gebürtigen Frankfurters war von März bis Juni 2013 in der Ausstellung „De l’Allemagne“ im Pariser Louvre zu sehen. Wir berichten über Goethes Aufenthalt im größten Museum Frankreichs.
Simona Hurst | 24.07.2013
Was hat Johann Wolfgang von Goethe mit Marilyn Monroe gemein? Beide wurden durch Andy Warhols Siebdrucke zu Ikonen der Pop Art. Wiedererkennungswert hatte dieser Goethe mit dem Schlapphut aber schon vor Warhols Bild aus dem Jahr 1981. Denkt man an Goethe, hat man sofort das Bild des auf einem umgestürzten Obelisken lagernden Reisenden vor Augen. Die berühmte Darstellung „Goethe in der römischen Campagna“ aus dem Jahr 1787 von Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829) ist nur eines von unzähligen Porträts des Dichterfürsten. Aber es hat – die deutsche Italiensehnsucht verkörpernd – unsere Vorstellung von ihm geprägt, die knapp zweihundert Jahre später durch Warhol noch bekräftigt wurde.
50 Jahre Freundschaftsvertrag
Seit 1887 befindet sich Tischbeins lebensgroßes Goethe-Porträt im Besitz des Städel Museums. Es gehört zu den absoluten Publikumslieblingen, die unser Haus nur selten verleiht. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Élysée-Vertrags haben wir uns jedoch für vier Monate davon getrennt. Zwischen März und Juni 2013 war das Gemälde im Louvre in der Ausstellung „De l’Allemagne. De Friedrich à Beckmann 1800–1939“ zu sehen, die das Pariser Museum im Rahmen des Jubiläums ausrichtete. Wir ließen unseren Goethe daher im März ins Ausland aufbrechen und sind ihm kurze Zeit später nachgereist, um uns persönlich ein Bild von seiner Station in Frankreich zu machen.
Goethe, Napoleon, Germaine de Staël
Am Louvre angekommen, überqueren wir die Cour Napoléon mit der großen gläsernen Pyramide und den wild um sich knipsenden Touristen. A propos Napoleon: „Was für ein Kerl!“, soll Goethe ausgerufen haben, der dem Staatsmann im Oktober 1808 in Erfurt persönlich begegnete. Nun gastiert das Porträt des Dichters dort, wo auch Jacques-Louis Davids Monumentalgemälde mit der Selbstbekrönung Napoleons hängt.
Auf der Suche nach Goethe geht es hinunter in die Eingangshallen unterhalb der Pyramide. Das Getümmel im unterirdischen Louvre ist wie immer groß und die Luft zwischen den Menschenmassen zum Schneiden dick. „Du glaubst zu schieben und du wirst geschoben“ – wie in Goethes „Walpurgisnacht“. Im Sully-Flügel, der die temporären Ausstellungen beherbergt, entdecken wir das große Banner mit der Aufschrift „De l’Allemagne“. Der Titel ist dem Werk „Über Deutschland“ der französischen Schriftstellerin Germaine de Staël entlehnt, worin sie Deutschland als Land gefühlsbetonter Dichter und Denker zeichnet. Übrigens begegnete auch sie Goethe während eines Aufenthalts in Weimar.
Goethe als Botschafter deutschen Kunstschaffens
Gespannt, was wir als Deutsche über Deutschland erfahren werden, betreten wir die Ausstellungsräume – und stoßen prompt auf den Gesuchten. Frankfurts Export ist der Aufmacher der Ausstellung und natürlich beansprucht der Olympier einen Raum für sich allein. Auch wenn ihn der Maler kurioserweise mit zwei linken Füßen ausgestattet hat: dem Dichter gefiel sein Porträt – auch, wenn er es „zu groß für unsere nordischen Wohnungen“ fand. Gut, dass das Städel Museum hohe Wände hat. Gut, dass auch der Louvre hoch gemauert ist.
Goethe als Botschafter deutschen Kunstschaffens, das ist der Eindruck, der sich dem eintretenden Besucher vermittelt. Er gehörte zu den Künstlern mit Doppelbegabung und war neben seiner schriftstellerischen Arbeit auch künstlerisch tätig. Zeugnisse seiner Farbenlehre und seine Herbarien sind ebenfalls im Louvre zu sehen.
Nachdem wir uns von Goethes Wohlergehen überzeugen konnten, wollen wir auch die übrigen Räume sehen. Zwischen „Friedrich und Beckmann“, wie es im Untertitel heißt, treffen wir auf ein großes Spektrum deutscher Künstler aus der Zeit von 1800 bis 1945. Dazwischen begegnen wir weiteren Leihgaben aus dem Städel Museum. Neben Arbeiten auf Papier von Max Beckmann sind auch Anselm Feuerbachs „Nana“ sowie zwei Gemälde von Franz Pforr in der Ausstellung zu sehen.

Johann Heinrich Wilhelm Tischbein (1751–1829); Goethe in der römischen Campagna, 1787; Öl auf Leinwand, 164 × 206 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main
Wieder zuhause
Bis Ende Juni waren es 209 000 Besucher, die sich im Louvre ein Bild „über Deutschland“ gemacht haben. Uns hat es bei den Nachbarn gut gefallen. Aber was ist schöner, als nach einer langen Reise wieder heimzukehren? Nun hängt Goethe wieder am rechten Platz. In der Mittelachse des Städel Museums – ganz so, wie es sich für den größten Sohn Frankfurts und den berühmtesten Dichter Deutschlands gehört. Kaum sind die ersten Treppenstufen im Museum erklommen, steht man vor ihm: Johann Wolfgang von Goethe – lebensgroß, geistreich, genial.
Bei den derzeitigen Temperaturen würde es die Autorin Simona Hurst gerne Goethe gleichtun und sich in den südlichen Gefilden Italiens niederlassen.
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