Klaus Honnef im Städel Garten vor dem Werk „Integration Wandlinsen“ (1986) von Adolf Luther. Foto: Städel Museum

Herr Honnef, Sie haben gerade in der Diskussion mit Martin Engler viel über die räumlichen Aspekte in Adolf Luthers Werk gesprochen. Wie würden Sie das Zusammenspiel von Architektur und seinen Arbeiten beschreiben?
Es besteht auf jeden Fall eine Korrespondenz zwischen den Werken von Adolf Luther und der sie umgebenden Architektur. Im Prinzip gibt es eine gegenseitige Herausforderung, wobei er jedoch nie den Ehrgeiz hatte, die Architektur zu übertreffen oder selbst welche zu konzipieren. Ein wichtiger Aspekt ist außerdem, dass seine Arbeiten nichts an einer Architektur kompensieren oder gar verschönern sollten. Hier im Städel gelingt das Zusammenspiel übrigens fabelhaft – ganz so, als hätte er die Werke für diesen Ort erarbeitet.

Und welche Rolle spielt bei diesem Zusammenspiel der Betrachter der Werke?
Der Betrachter ist kein Betrachter, sondern Teilnehmer! Ihm kommt also eine ganz wesentliche Rolle zu, um das Kunstwerk überhaupt zu realisieren. In diesem Sinne sind seine Arbeiten interaktive Arbeiten – auch wenn dies nicht bedeutet, dass man nun irgendwelche Knöpfe drückt.

Besucher der Eröffnung „Adolf Luther. Architektur als Licht und Spiegelung“ im Städel Garten. Foto: Städel Museum

Im Gespräch mit Martin Engler sagten Sie, Adolf Luther sei ein Realist gewesen. Wie kommt es, dass seine Arbeiten dennoch ausgesprochen poetisch wirken?
Für mich ist das kein Widerspruch, denn er hatte auf jedem Fall eine Neigung zur Poesie. Ich denke auch, dass seine Werke durchaus als poetisch aufgefasst werden können. Realist zu sein umfasste für ihn vielmehr die Frage, wie man der Wirklichkeit begegnet und wie Fragen gelöst werden. Und dies zeigt sich auch in seinen Arbeiten.

Noch einmal zur Person Adolf Luthers: Er arbeitete zunächst als Jurist, wie ist er dann später eigentlich zur Kunst gekommen?
Die beiden Tätigkeiten liefen eigentlich schon immer parallel. Damals, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, gab es für ihn jedoch nicht die Frage, ob er den brotlosen Beruf des Künstlers wählen oder lieber Jura studieren sollte – er war besser beraten, Jurist zu werden. Doch nachdem er einige Jahre als Verwaltungsrichter tätig war, entschied er sich Mitte bzw. Ende der 1960er Jahre vollends für die Kunst. Dabei führte er ein gutes, aber auch bescheidenes Leben. Da war er recht bedürfnislos.

Blick auf die Arbeit „Integration Sphärische Hohlspiegelwand“ (1985) von Adolf Luther. Foto: Städel Museum

In den 1960er Jahren war er selbst in Künstlerkreisen wie beispielsweise dem ZERO-Netzwerk ein Außenseiter. Inzwischen scheint es fast schon eine Renaissance seiner Werke zu geben, dies zeigt nicht nur diese Präsentation, sondern auch die Tatsache, dass sich viele zeitgenössische Künstler, wie beispielsweise Alicja Kwade, auf ihn beziehen. Welche Wirkung hat sein Werk heute?
Was weiterhin beeinflusst und nachwirkt sind sicherlich seine Methoden und seine Haltung, seine rationale Vorgehensweise. Dass er ganz bewusst Phänomene erzeugt, würde man heute vielleicht als konzeptuelles Arbeiten bezeichnen. Mit seiner coolen Haltung, die er verkörperte wie kein anderer, schaffte er ganz wunderbare, begeisternde Resultate – und nun werde ich schon selbst poetisch!

Vielen Dank für das Gespräch!