Edgar Degas (1834–1917); Studie eines Aktes (Étude de Nu), 1888–1892; Kohle und Pastellkreide auf Papier, 55,8 x 36,8 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main; erworben durch den Städelschen Museums-Verein e.V.

 Letzte Woche konntet Ihr hier bereits alles Wissenswerte rund um Guido Renis Gemälde „Himmelfahrt Mariens“ nachlesen. Heute schauen wir uns die zwischen 1888 und 1892 entstandene Zeichnung „Studie eines Aktes (Étude de Nu)“ von Edgar Degas an, die das Städel Museum erst kürzlich als Jubiläumsgeschenk vom Städelschen Museums-Verein erhielt. Degas-Gemälde sind auch heute noch allgegenwärtig. Vor allem Ballettszenen und badende Frauen waren regelmäßig wiederkehrende Motive in Degas‘ Œuvre. Motive, die noch stets auf vielfältige Weise präsent sind – er malte rund zweihundert verschiedene Bilder zum Thema Ballett.

Respektvoll und sinnlich

Heute zählt der 1834 in Paris geborene Degas zu den bedeutendsten französischen Künstlern des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts und gilt als Vorreiter der Moderne. Er selbst sagte einmal über seine Arbeit: „Es hat nie eine weniger spontane Kunst gegeben als die meine. Von Inspiration, Spontanität, Temperament weiß ich nichts.“
Degas’ um 1888 bis 1892 angefertigte Aktstudie stammt aus der letzten Schaffensphase des Künstlers und bildet einen Meilenstein auf dem Weg zur Kunst des 20. Jahrhunderts. In der Studie wählt Degas für die Darstellung seines Bildmotivs eine Nahsicht auf den weiblichen Körper, stellt sein Modell dabei aber nicht zur Schau. Typisch für ihn war eine eher distanzierte Darstellung seiner Motive, hier führt er diese Darstellungsweise an ihre Grenzen. Ihm gelingt ein ganz besonderes Zusammenspiel aus respektvoller Beobachtung und sinnlicher Auffassung. Von diesem Akt geht unausweichlich der Eindruck plastischer Präsenz und geballter Energie aus. Degas nimmt  ihm dabei jegliche Individualität und gewinnt aus der Form eine unmittelbare Ausdruckskraft von klassischem Rang.

Der ganze Degas

„Edgar Degas wiederholte immer wieder bestimmte Schlüsselthemen. Seine Vorgehensweise kann man als einen Prozess der steten Intensivierung seiner künstlerischen Erfahrungen bezeichnen. Die Aktzeichnung verweist den Betrachter sowohl auf seine Gemälde als auch auf seine plastische Arbeit und kann so für den ganzen Degas stehen“, sagt Jutta Schütt, Leiterin der Graphischen Sammlung ab 1750 am Städel Museum.
Das Werk ist mit dem Stempel des Degas-Nachlasses („Lugt 658“) versehen. Es befand sich bis zum Tod des Künstlers 1917 in seinem Atelier und wurde auf der Auktion des künstlerischen Nachlasses im Jahr 1918 versteigert. Danach befand es sich abwechselnd in Privatsammlungen und im Kunsthandel in Belgien, New York (1949), London und Kalifornien (seit 1981) bis es schließlich im Februar 2015 ans Städel kommt.

Edgar Degas (1834–1917); Die Orchestermusiker, 1872; Öl auf Leinwand, 69 x 49 cm; Städel Museum, Frankfurt am Main; Foto: Städel Museum – ARTOTHEK – U. Edelmann

Ab sofort im Studiensaal vorlegen lassen

Die Graphische Sammlung des Städel Museums verfügt über einen kleinen, höchst qualitätsvollen Bestand französischer Zeichnungen des 19. Jahrhunderts, der zu den bedeutendsten in Deutschland zählt. Dank des außerordentlichen Engagements des Städelschen Museums-Vereins und der großzügigen Spende einer Mäzenin konnte dieser Bestand nun um die kostbare Degas-Zeichnung erweitert werden. Edgar Degas ist in der Graphischen Sammlung bislang mit der frühen Zeichnung „Bildnis der Madame Gaujelin“ (1867) und der Monotypie „Repos sur le lit“ (um 1876/77) vertreten. Von Degas gibt es in der Städelschen Sammlung noch weitere Werke zu entdecken,  unter anderem das Gemälde „Die Orchestermusiker“ (1872) sowie einige Skulpturen.