Wir alle halten den Atem an, bewegen uns langsam und starren gebannt auf die Chirurgenarbeit, die Frau Schmutzler da leistet. Der Kameramann flüstert nur noch, ja, wir haben Respekt – vor dem Schnipsel, vor der uralten Malerei, vor Frau Schmutzler sowieso. Die macht das ja auch jeden Tag, wir allerdings nicht. Und dabei deutet sie nur an, wie der Schnipsel am Ende in die Ecke passt. Filmen können wir das nicht komplett – das ist eine Art mehrtägige Meditation für die Restauratorin.

Städel lebt!

Monatelang haben wir für das arte-Jubiläumsfeature gedreht. In den drei Galerien des Städel Museums, in den Depots, in der Sonderausstellung, in den Werkstätten. Wir sind mit einer Drohne über den ehrwürdigen Bau geflogen und haben Aufnahmen vom gesamten Museumsareal gemacht. Wir haben einen „Herrn Städel“ wiederauferstehen und durch das Museum geistern lassen, wir waren in den kleinen Ateliers für Kinder und Jugendliche, haben Schulklassen bei Führungen begleitet, saßen auf Sitzungen der Museums-Mitarbeiter, wir sind in eine sehr nerdige Computer-Spiele-Entwicklerfirma im Frankfurter Bahnhofsviertel eingefallen, die ein Point-and-Click-Adventure-„Städel-Spiel“ entwickelt hat, wir feierten den 100. Geburtstag der Frankfurter Mäzenatin Dagmar Westberg, reisten dem berühmten Tischbein-Goethe nach London hinterher – ja, wir waren fast überall. Nur für ihn: Johann Friedrich Städel.

Städel? Ein Drehparadies!

Dieser Johann Friedrich Städel wurde am 15. März 2015 gefeiert – für eine fulminante Idee und für sein großartiges Geschenk, das er Frankfurt vor 200 Jahren gemacht hat. Das Städel Museum, das er Frankfurt und der Welt hinterlassen hat, ist für mich längst zum „Drehparadies“ geworden: die Werke, die Architektur, die Menschen hinter den Kulissen, das wirklich besondere „Leben“ in diesem Kosmos – alles das ist für mich jedes Mal aufs Neue eine Augenweide. Die Zärtlichkeit und Ruhe, mit der hier Kunst in die Hand genommen, gepflegt, gehegt und präsentiert wird, fasziniert mich, es berührt mich immer noch nach Jahren.

Nachts im Museum

Die Kamera schafft mir dabei ein unglaubliches Privileg: durch den Sucher betrachtet, komme ich der Kunst viel näher als mit bloßem Auge. Die Kamera sieht Dinge, die ich so nie sehen würde: brüchige Farbberge, fetten, glänzenden Farbauftrag, Schattierungen und Farbnuancen, 3-D-Perspektiven im Bild. Für unseren Film haben wir einmal komplett das Licht im Museum ausschalten lassen, um im Dunkeln Spots auf Botticellis „Idealbildnis“ zu werfen. Das hat vielleicht eine Magie! Sowieso ist es eines der besten Gefühle, finde ich, an einem besucherfreien Montag durch das leere Museum zu streifen. Man spürt schier, wie die Werke sich dann vom täglichen Angeschaut-Werden auszuruhen scheinen.

Die 52-minütige Dokumentation „Kunst für alle“ wird auf Arte am Sonntag,  19. April um 17:35 Uhr ausgestrahlt sowie im hr-Fernsehen am Dienstag, 21. April 2015 um 21:00 Uhr.

Vier Tage vor der Erstausstrahlung im TV präsentieren wir am Mittwoch, 15. April 2015 um 20:00 Uhr gemeinsam mit Arte und dem hr die Dokumentation im Rahmen einer Premiere im Metzler-Saal des Städel Museums. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist jedoch erforderlich unter +49(0)69-605098-200 oder info@staedelmuseum.de.