Dennis Stock, James Dean on Time Square, 1955. Copyright: Magnum Photos/Agentur Focus, Hamburg

Die Arbeiten von Dennis Stock gehören seit Jahren zu meinen Favoriten in der DZ BANK Kunstsammlung. So wild, so frei, so ausgelassen wirkt die junge Frau, die mit wehenden Haaren auf einer Bühne am Strand von Venice Beach vor Hunderten von Menschen tanzt. „Welcome to California“ hieß es 1968 für den in New York geborenen Dennis Stock, dessen erste Eindrücke des Landes sich zu einem unwirklich erscheinenden Bild zusammensetzten: „Die Menschen hatten sich hier Lebensformen konstruiert, die mir äußerst unbehaglich waren. Alles schien irgendwie surreal, ein chaotisches Nebeneinander verschiedener Realitätsebenen.“

Dennis Stock, Venice Beach, Rock Festival, 1968. Copyright: Magnum Photos/Agentur Focus, Hamburg

Trotz oder gerade wegen dieses skeptischen Blicks entstanden wunderbar atmosphärische und mitunter auch sehr humorvolle Arbeiten, wie etwa die eines aufrecht stehenden Surfbretts, aus dem rechts und links jeweils Arme zu wachsen scheinen. Dennis Stock gelingt es, die Stimmung jener Zeit zu transportieren als die Jugend beschloss, die seelischen Altlasten der Prohibition und des Krieges endgültig abzuschütteln und ihren unterdrückten Gefühlen demonstrativ Ausdruck zu verleihen. Die Aufnahmen beschwören den Geist der Sehnsucht nach individueller Freiheit jenseits aller sozialen Zwänge und verbildlichen die Entdeckung ungeahnter Lebensfreuden.

Dennis Stock, Surfer at Corona de Mar, 1968. Copyright: Magnum Photos/Agentur Focus, Hamburg

 Dreizehn Jahre zuvor porträtierte Dennis Stock den Propheten dieses Lebensgefühls, die Persönlichkeit, die den Wandel, die Rebellion ankündigte: James Dean. Dennis Stock war nicht daran interessiert den „Rebel without a Cause“, wie der Titel seines berühmtesten Films lautete, am Set während seiner Arbeit zu fotografieren und damit einen weiteren Beitrag zu einem Image zu leisten. Er wollte den jungen Schauspieler kennenlernen, seinen Wurzeln nachgehen, herausfinden, wer er war und was ihn antrieb.

Dennis Stock, James Dean at Winslow Farm posing as an old star portrait with a sow, 1955. Copyright: Magnum Photos/Agentur Focus, Hamburg

 So begleitete er den fast gleichaltrigen James Dean zunächst nach Fairmount in Indiana, wo dieser aufgewachsen war. Der Schauspieler zeigte ihm sein Elternhaus, stellte ihm seine Familie vor und ließ den Fotografen einen Blick auf seine alte Schule werfen. Anschließend gingen sie gemeinsam nach New York, wo Dean seine ersten Engagements gehabt hatte. Hier entstand das wohl meist reproduzierte Bild von James Dean: im Regen auf dem Time Square mit hochgeklappten Mantelkragen, hochgezogenen Schultern und Zigarette im Mundwinkel.
Dennis Stock trug einen authentischen Foto-Essay zusammen, der den jungen Schauspieler traurig wie humorvoll in bekannter Coolness aber auch in aller Verletzlichkeit zeigt. Dennis Stocks Vermögen Wahrhaftigkeit zu vermitteln führt dazu, dass ich seine Bilder einerseits als atmosphärisches Zeitdokument lese, sie aber andererseits auch als zeitlos betrachte, da sie das Genre des Porträts sowie des Historienbildes nicht authentischer präsentieren könnten.