Otto Steinert (1915-1978); „Ein-Fuß-Gänger“, 1950; Gelatin silver print, printed ca. 1950, 28,5 x 39 cm; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main

Otto Steinert (1915-1978); „Ein-Fuß-Gänger“, 1950; Gelatin silver print, printed ca. 1950, 28,5 x 39 cm; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main

Der Städelsche Museums-Verein und das Städel Museum erwerben mit Unterstützung der Kulturstiftung der Länder und der Hessischen Kulturstiftung ein umfassendes Fotografie-Konvolut von Annette und Rudolf Kicken. Mit dem Ankauf verbunden ist eine großzügige Schenkung durch das Ehepaar Kicken. Insgesamt kommen 1173 Meisterwerke der Fotografie neu in unserer Sammlung, wo sie in Zukunft Seite an Seite mit Malerei und Skulptur gezeigt werden können. Die Zusammenstellung bildet die wichtigsten Tendenzen der europäischen Fotokunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ab und umfasst Ikonen der Fotografiegeschichte, darunter Werke von Leopold Ahrendts, Gertrud Arndt, Hugo Erfurth, Rudolf Koppitz, Heinrich Kühn, Man Ray, Albert Renger-Patzsch, Franz Roh, Werner Rohde, August Sander und Otto Steinert. Neben dem Ankauf von insgesamt 524 Werken der Neuen Sachlichkeit, der Bauhausfotografie und der sogenannten „Subjektiven Fotografie“ gelangen weitere 649 Fotografien als Schenkung von Rudolf und Annette Kicken in die Städelsche Sammlung. Das herausragende Konvolut schließt eine signifikante Lücke innerhalb unserer seit 2008 kontinuierlich aufgebauten Fotosammlung und ermöglich es uns von nun an im Städel die Geschichte der Fotografie von ihren Anfängen bis in die Gegenwart unter einem Dach abzubilden.

August Sander (1876-1964); „Untitled (Familienportrait)“, ca. 1910er-20er; Gelatin silver print, printed ca. 1910er-20er, 24 x 30,7 cm; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main; © VG Bild-Kunst, Bonn 2013

August Sander (1876-1964); „Untitled (Familienportrait)“, ca. 1910er-20er; Gelatin silver print, printed ca. 1910er-20er, 24 x 30,7 cm; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main; © VG Bild-Kunst, Bonn 2013

„Fotografie ist unsere Leidenschaft“

Die Freude über diesen gelungenen Neuerwerb war bei allen Beteiligten groß. Wir haben für euch ein paar Stimmen zusammengetragen:

Rudolf und Annette Kicken: „Fotografie ist unsere Leidenschaft, deshalb freuen wir uns sehr mit dem Städel Museum einen Ort gefunden zu haben, an dem auf ideale Weise unsere Vorstellung von Fotografie als gleichberechtigtem künstlerischen Medium verwirklicht wird. In der Sammlungspräsentation des Museums wird beispielhaft dargelegt, wie die Künste einer Epoche ineinandergreifen und sich gegenseitig erhellen. Das war auch immer unser Ziel. Durch die Zusammenarbeit schließt sich für uns auf besondere Weise ein Kreis: Schlüsselerlebnis war das Engagement von Wilfried und Uta Wiegand, die sich bereits vor drei Jahren für Frankfurt als Heimat ihrer Sammlung entschieden haben. Nun folgen wir ihnen nur zu gern, weil auch wir die umfassende Würdigung der Fotografie im Städel Museum in jedem Detail nachvollziehen und mit großem Nachdruck begrüßen. Unsere Sammlung ist am richtigen Ort angekommen – darüber sind wir sehr froh.“

„Einzigartig – historisches Zeugnis des visuellen Wissens“

Max Hollein: „Die Zusammenstellung ist nicht nur durch die außergewöhnliche Seltenheit und den perfekten Erhaltungszustand, sondern vor allem durch die besondere Qualität der Aufnahmen einzigartig. Wir sind überglücklich, dass dieses historische Zeugnis des visuellen Wissens der damaligen Fotografengenerationen ins Städel kommt. In den letzten fünf Jahren konnten wir in großen Schritten mit strategischen Ankäufen und Schenkungen eine umfassende Fotosammlung für das Museum aufbauen und damit eine historische Weichenstellung sowohl für die Sammlung als auch für die zeitgemäße Präsentation von künstlerischer Fotografie im Museum vornehmen. Der Erwerb würdigt auch die fundamentale Pionierleistung von Rudolf Kicken für die Rezeption der Fotografie – und die hinzukommende Schenkung freut und ehrt uns in besonderem Maße.“

Sylvia von Metzler, Vorsitzende des Städelschen Museums-Vereins: „Wir freuen uns außerordentlich, dass der Städelsche Museums-Verein als größter Mäzen der Ankäufe des Museums den Sammlungsbereich Fotografie mit dem Erwerb dieses wichtigen Konvoluts maßgeblich und signifikant weiter ausbauen kann.“

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Generalsekretärin der Kulturstiftung der Länder: „Für die Kulturstiftung der Länder war nicht zuletzt die Entscheidung des Städel Museums, die Geschichte der Fotografie in die Präsentation der Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts gleichberechtigt einzubinden, ein Grund für die Förderung dieser wichtigen Erwerbung. Mit der nun vorgenommenen Erweiterung der Bestände kann eine auch unter konservatorischen Gesichtspunkten ausgewogene Sammlungspräsentation realisiert werden, die bei Neuhängungen den empfindlichen Kunstwerken die notwendigen Ruhephasen erlaubt.“

Rudolf Koppitz (1884-1936); „Kopf eines Mannes mit Helm“, ca. 1929; Carbon print, printed ca. 1929, 49,8 x 48,4 cm; Erworben 2013 als Schenkung von Annette und Rudolf Kicken; Städel Museum, Frankfurt am Main

Rudolf Koppitz (1884-1936); „Kopf eines Mannes mit Helm“, ca. 1929; Carbon print, printed ca. 1929, 49,8 x 48,4 cm; Erworben 2013 als Schenkung von Annette und Rudolf Kicken; Städel Museum, Frankfurt am Main

Lückenloser Einblick in Geschichte des Mediums“

Eva Claudia Scholtz, Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung: „Die Inhalte und Positionen des Konvoluts verzahnen sich kongenial mit der bereits bestehenden Fotosammlung des Museums. Damit wächst im Städel ein umfassender Sammlungsbereich zur künstlerischen Fotografie, der einen praktisch lückenlosen Einblick in die Geschichte dieses Mediums bietet.“

Dr. Felix Krämer, Sammlungsleiter Kunst der Moderne: „Seit der Neupräsentation unserer Sammlung Kunst der Moderne im November 2011 ist die Fotografie im Städel als gleichberechtigte künstlerische Ausdrucksform in die ständige Sammlung integriert. Die gemeinsame Präsentation von Malerei, Skulptur und Fotografie erlaubt uns eine Darstellung der Wechselwirkungen zwischen den Medien, die in dieser Art und Weise bis heute in Deutschland einzigartig ist. Mit der Sammlung Kicken können wir diesen gattungsübergreifenden Dialog auf höchstem Niveau fortführen und ausbauen.“

Albert Renger-Patzsch (1897-1966); „Tropische Orchis, cattleya labiata“, ca. 1930; Gelatin silver print, printed ca. 1930; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main

Albert Renger-Patzsch (1897-1966); „Tropische Orchis, cattleya labiata“, ca. 1930; Gelatin silver print, printed ca. 1930; Eigentum des Städelschen Museums-Vereins und des Städel Museums; Städel Museum, Frankfurt am Main

Galerie und Sammlung Kicken

Rudolf Kicken zählt zu den Pionieren der europäischen Fotogaleristen. Als Kicken 1974, damals noch gemeinsam mit Wilhelm Schürmann, die Galerie „Lichttropfen“ in Aachen gründete, aus der 1979 die Galerie Kicken in Köln hervorgehen sollte, war die Fotografie als Kunstgattung in Europa noch nicht etabliert. Die Kölner Jahre machten Kicken zur führenden Galerie für künstlerische Fotografie in Europa und trugen maßgeblich dazu bei, dass Fotografie inzwischen auch in Deutschland einen eigenen und gleichberechtigten Platz innerhalb der künstlerischen Gattungen einnimmt. Seit 2000 führt Rudolf Kicken die Galerie in Berlin zusammen mit seiner Frau Annette weiter. Ihre langjährige Kennerschaft der besonderen künstlerischen Qualitäten dieses Mediums führte dazu, dass die Galerie Kicken heute zu den wichtigsten Fotogalerien der Welt zählt. Neben dem Verkauf hat sich Kicken besonders für die Zusammenarbeit mit namhaften Museen engagiert. Viele der Arbeiten, die nun die Städelsche Sammlung ergänzen, waren in den letzten Jahren in wichtigen Fotoausstellungen bedeutender Museen zu sehen.