Dr. Martin Engler im Gespräch mit Thomas Demand. Foto: Marc Jacquemin

Die komplexe und fast unlösbare Aufgabenstellung, den Metzler-Saal mit einer künstlerischen Arbeit zu bespielen, so Städel-Direktor Max Hollein, wurde von Thomas Demand bravourös gemeistert. So sollte der neue Metzler-Saal weiterhin für jede Art von Veranstaltung – vielleicht sogar als Ausstellungsraum – genutzt werden können, ohne in Konkurrenz zum Geschehen im Raum zu treten.

Max Hollein begrüßt den Künstler und die Besucher im Metzler-Saal. Foto: Marc Jacquemin

Gleich zu Beginn des Gesprächs verriet Thomas Demand dem Publikum im gefüllten Metzler-Saal, dass ihm die Idee eines Vorhangs für den Metzler-Saal bereits beim ersten Gespräch mit dem Städel in den Sinn kam. Vorhänge beschäftigen den Künstler bereits seit einigen Jahren. Ursprung dieses Interesses sei ein altes Handyfoto, so Thomas Demand, das er in der Gallerie dell’Accademia in Venedig von einem Samtvorhang gemacht habe. Der Vorhang diente als Hintergrund für die eigentlichen Bilder.

Thomas Demand über den Entstehungsprozess von „Saal“. Foto: Marc Jacquemin

Bei der Recherche für die Städel-Arbeit „Saal“ sammelte Demand, der in Düsseldorf und London Bildhauerei studiert hat, Stoffe und Darstellungen von Faltenwürfen aus verschiedenen Jahrhunderten. Sein Interesse galt dabei dem Moment des Fallens sowie der Farbnuancen der verschiedenen Stoffe. Folgerichtig kommen Vorhänge in letzter Zeit verstärkt in Demands Werk vor, so zum Beispiel 2009 in der Einzelausstellung in der Berliner Neuen Nationalgalerie oder in einer vom Künstler selbst kuratierten Ausstellung in Monaco.

Bei der Recherche beschäftigte sich Demand auch mit Faltenwürfen. Foto: Marc Jacquemin

Die Arbeit „Saal“ wurde in einem Fotostudio umgesetzt. Dort wurde der Vorhang – in der typischen Arbeitsweise Demands – als sechs Meter hohes 1:1 Modell aus dem alltäglichen Material Papier nach einer italienischen Technik, die aus dem 17. Jahrhundert stammt, aufgebaut und fotografiert. Demand hat die Aufnahme im Transferdruckverfahren auf eine textile Wandbespannung aus Kunstfaser übertragen. Der bedruckte Stoff wurde auf hochkantige Paneele aus Metallrahmen von der dänischen Texilfirma Kvadrat Soft Cells gespannt, die mittels Magneten an den Wandflächen fixiert sind.

Der historische Metzler-Saal wird zum Bindeglied zwischen Städel-Altbau und Erweiterungsbau. Foto: Norbert Miguletz

Im Gegensatz zu anderen Arbeiten von Thomas Demand – wie zum Beispiel „Büro“ (1995), das die erstürmte Stasi-Zentrale in Berlin nach der Wende darstellt und sich ebenfalls in der Sammlung des Städel befindet – geht „Saal“ nicht auf ein durch die Medien verbreitetes Foto zurück. Die Wandarbeit, deren Farbgebung lange diskutiert wurde und die auch als Tapete in Diskussion war, spielt mit Klischees und Assoziationen, wie zum Beispiel einem roten Kinovorhang.

In den Ecken verdichtet sich die Raffung des illusionistischen Vorhangs. Foto: Norbert MiguletzFoto: Marc JacqueminFoto: Marc Jacquemin

 

Foto: Marc Jacquemin

Am Ende des einstündigen Gesprächs lenkte Martin Engler die Rede auf René Magritte. Man könne, so zitierte Demand Magritte, einen Gedanken nicht malen. Das Bild sei immer nur der Vorwand, um zu zeigen, worin ein Gedanke bestehe. Mit diesen Schlussworten im Ohr konnten die Besucher „Saal“ als Bild eines Vorhangs, bei dem Knicke, Falten und Unvollkommenheiten absichtlich belassen wurden, im hell erleuchteten Metzler-Saal und bei eingefahrener Leinwand nochmals auf sich wirken zu lassen.