Curatorial Studies
Vergessene Körper und junge Kuratoren
Im Rahmen des Studiengangs „Curatorial Studies - Theorie - Geschichte - Kritik“ kuratierten Master-Studierende der Goethe-Universität und der Staatlichen Hochschule für Bildende Kunst – Städelschule die Kabinettausstellung „Vergessene Körper: Helmut Kolle und Max Beckmann“, die bis zum 21. September 2014 innerhalb der Sammlungspräsentation Kunst der Moderne imStädel Museum zu sehen ist. Wie entsteht eine solche Ausstellung? Auf welche Herausforderungen sind die Studierenden während den Vorbereitungen gestoßen und wer ist eigentlich Helmut Kolle?
Louisa Schmitt, Christian Guth und Felix Bröcker | 02.09.2014
Erste Schritte zur Ausstellung
Die Semesterferien wurden intensiv genutzt, um über mögliche Themen nachzudenken und erste Ideen zu entwickeln. Brainstorming, Kataloge wälzen, ausgiebige Internetrecherchen und Diskussionen erbrachten bis zu Beginn des Semesters im Februar verschiedene Ausstellungskonzepte. Eines stieß dabei auf besonderes Interesse: Annabel Ruckdeschel schlug den Maler Helmut Kolle (1899–1931) vor, den sie im Sammlungskatalog des Städel Museums entdeckt hatte und dessen Gemälde einen starken Eindruck bei ihr hinterließen. Helmut Kolle, der jung verstorbene und zu Lebzeiten in Deutschland nur wenig beachtete Maler, ließ uns nicht mehr los und wurde schließlich zusammen mit einem der bekanntesten Künstler seiner Zeit, Max Beckmann, zum Fokus unserer Ausstellung.
Warum Helmut Kolle und Max Beckmann?
Der 1899 in Charlottenburg geborene und bis heute in Deutschland weitgehend noch unbekannte Maler Helmut Kolle wurde zeitlebens – und auch nach seinem frühen Tod 1931 – als Außenseiterfigur wahrgenommen. Der damalige Leiter des Städelschen Kunstinstituts, Georg Swarzenski, war der Ansicht, dass das Gemälde „Selbstbildnis mit Palette“(1927/28), das als Schenkung in die Sammlung eingegangen war, nur schwer in die bestehende Städelsammlung einzuordnen sei. Es ist der Beharrlichkeit und dem Nachdruck des Kunsthändlers und -sammlers Wilhelm Uhde, dem Lebenspartner und Förderer von Helmut Kolle, zu verdanken, dass das umstrittene Selbstbildnis schließlich durch ein Gemälde ausgetauscht wurde, von dem Swarzenski überzeugt war. Dieses Werk Kolles, „Junger Mann mit Baskenmütze“, ist allerdings nur fünf Jahre später, 1937, von den Nationalsozialisten als „entartete Kunst“ beschlagnahmt worden und gilt seitdem als verschollen.
Neben Wilhelm Uhde machte sich auch Max Beckmann für Kolle stark. Er sprach sich dafür aus, dass eines von Kolles Gemälden in die Sammlung des Städel aufgenommen werden solle. Uns war es daher ein besonderes Anliegen, die Werke der sehr unterschiedlichen Künstler gemeinsam zu zeigen.
Körperlichkeit
Die drei in der Kabinettausstellung gezeigten Gemälde „Junge mit Hampelmann“ (1929), „Drei Toreros“ (1925) und „Selbstbildnis“ (1930) gingen auf Anregung des zu diesem Zeitpunkt bereits schwerkranken Wilhelm Uhdes im Jahr 1947 als erneute Schenkung an das Städel Museum. Uhde hielt diese für die wichtigsten Werke Kolles und wollte sie nach seinem Tod in einem Museum platziert wissen.
Die Gemälde Kolles treten nun in einen Dialog mit den beiden Skulpturen „Adam und Eva“ (1936) und „Tänzerin“(1935) von Max Beckmann. Im Zentrum dieser Gegenüberstellung steht insbesondere der Aspekt der Körperlichkeit, der bei beiden Künstlern deutlich erkennbar ist. Während Kolles pastoser Farbauftrag die Malerei teilweise plastisch wirken lässt, sind Beckmanns Bronzeskulpturen darauf angelegt, die Fläche im Objekt zu stärken. Die grobe Behandlung der Oberflächen und das Sichtbarlassen von Bearbeitungsspuren, also der physischen Arbeit am Objekt, ziehen sich durch die Werke beider Künstler. Zudem verbindet die Künstler die intensive Auseinandersetzung mit der französischen Kunst: In Kolles „Junge mit Hampelmann“ wird der Einfluss Pablo Picassos deutlich, der wiederholt Harlekine dargestellt hat, während die Skulpturen Beckmanns von den französischen Künstlern Edgar Degas und Auguste Rodin inspiriert sind.
Vergessene Körper wiederentdeckt?
Der Titel „Vergessene Körper“ dient als Klammer für zwei wesentliche Aspekte der Ausstellung: Er verweist einerseits auf die Tatsache, dass der „Körper“ als Gegenstand künstlerischer Darstellung anhand der beiden exemplarisch ausgewählten Positionen aus der Vergessenheit gehoben wird, andererseits soll er die Frage aufwerfen, warum ein Maler wie Helmut Kolle, der im Ausland gut vernetzt war, so lange Zeit im deutschen Kunstbetrieb vergessen wurde.
Im Rahmen der Ausstellungsvorbereitungen, erhielten wir nicht nur Einblicke in die Arbeit des Sammlungsleiters, sondern auch in die der Presseabteilung sowie der Kunstvermittlung. Das Kuratieren der Ausstellung gewährte uns einen besonderen Blick hinter die Kulissen des Städel Museums.
Die drei Gastautoren Louisa Schmitt, Christian Guth und Felix Bröcker dieses Blogbeitrags freuen sich mit der gesamten „Curatorial Studies“-Klasse auf Euren Besuch in der Kabinettausstellung.
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