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Die Radierung „Selbstbildnis“ (1908) von Carl Larsson vor der Reinigung.

Kunst im Durchlicht

Um die Beschaffenheit des Werks des schwedischen Künstlers Carl Larsson (1853–1919) im Detail zu erfassen, wird es zunächst gesichtet und mit verschiedenen „Lichtarten“, dem Auf-, Streif- und Durchlicht, beleuchtet. Das Selbstporträt ist stark verbräunt, sodass für die Mitarbeiterinnen aus der Werkstatt klar ist: Das muss behandelt werden!

Das Durchlicht: eine von verschiedenen Lichtarten, mit denen die Beschaffenheit des Werks erfasst wird.

Das Durchlicht: eine von verschiedenen Lichtarten, mit denen die Beschaffenheit des Werks erfasst wird.

Die braune Verfärbung auf Larssons Selbstbildnis wurde vermutlich durch das Zusammenspiel von ligninhaltigen Materialien, die in pflanzlichen Geweben vorkommen können, und Lichteinwirkung verursacht. Mit einer aufwendigen Nassreinigung wollen die Mitarbeiterinnen aus der Grafikrestaurierung die Verbräunung reduzieren. Das Team um Ruth Schmutzler, Leiterin der Grafikrestaurierung, achtet bei den Behandlungen darauf, das ursprüngliche Kunstwerk mit seiner künstlerischen und materialeigenen Wirkung zu erhalten. Schließlich gehören die Gebrauchsspuren, die eine Arbeit aufweist, zur Geschichte des Werks. Die Maßnahmen haben also zum Ziel das Schadensbild, aber auch die Restaurierung in den Hintergrund treten zu lassen.

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Begonnen wird mit der Trockenreinigung…

Das Reinigungsverfahren – von trocken bis nass

Zu Beginn erfolgt die Trockenreinigung des Papiers, hier wird oberflächlicher Schmutz und Staub mit einem Naturkautschuk-Schwamm abgenommen. Manchmal kommen auch Radiergummis zum Einsatz.

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…dann folgt das Vorfeuchten…

Nun wird das Papier angefeuchtet: auf ein feuchtes, langfaseriges Frotteetuch wird ein nach einer Seite dampfdurchlässiges Goretex-Gewebe sowie ein Polyester-Vlies gelegt und die Radierung darin eingeschlagen. So bleibt es einige Stunde gut eingeschlagen, in denen Feuchtigkeit in das Papier einzieht.

Das Vorfeuchten ist wichtig, damit die Papierfasern aufgehen und sich das Papier gleichmäßig und langsam dehnt. Wenn unmittelbar nass gereinigt werden würde, könnte sich das Papier je nach Sorte wellen – und dieses Risiko will das Team nicht eingehen. Für die dann folgende Nassreinigung wird eine Wanne mit Wasser befüllt. Anschließend werden Kunststoffscheiben in flachem Winkel in die Wanne gelehnt, die so eine Schräge erzeugen. Darauf wird ein durchnässtes Vlies platziert, welches das Wasser – etwa wie bei einem Schwamm – gleichmäßig über die ansteigende Ebene transportiert, so dass es am Ende des überhängenden Vlieses abtropfen kann.

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…schließlich wird das Werk einer Nassreinigung unterzogen.

Auf diese Vorrichtung wird nun die vorgefeuchtete Radierung gelegt. Mit einem breiten, sehr weichen Pinsel –  einer Spezialanfertigung aus Japan –  werden vorsichtig Luftblasen ausgedrückt, die zwischen Papier und Vlies entstehen und die gleichmäßige Wanderung des Wassers behindern könnten.

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Spezialanfertigung aus Japan: Mit dem Pinsel werden feine Luftblasen ausgedrückt.

Nach mehreren Stunden ist das Ergebnis sichtbar: Das Papier hat einen Teil seiner braunen Verfärbung über das Vlies ans Wasser abgegeben. Nach einer ersten Trockenphase wird es in noch gleichmäßig feuchtem Zustand zwischen sauberen Wollfilzen leicht beschwert, um zu vermeiden, dass sich das Papier verformt, wie das beim freien Trocknen an der Luft passieren würde.

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Vorher, nachher: Wasservergleich

Auf das Reinigungsverfahren folgt die Bleichung

Die verbliebene Bräune könnte den Betrachter jedoch nach wie vor stören. Um die noch verbleibenden Rückstände der Verfärbung im Papier zu entfernen, wird das Werk schließlich gebleicht. Die Bleichung wird mit Chlordioxid durchgeführt, eine chemische Substanz, die das Papier schonend behandelt. Dazu werden wiederum in eine Wanne nun Chlordioxid und Natriumchlorit gefüllt, die sich in einem chemischen Prozess zu Chlordioxid verbinden. Anschließend wird die Papierarbeit in die Wanne gelegt. Das chemische Verfahren findet zum Schutz unter einem Luftabzug statt, die Mitarbeiterinnen tragen Handschuhe.

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Letzter Schritt: Das Werk wird gebleicht.

Nach der Bleichung wird die Papierarbeit in einem Wechselbad gereinigt, um das verbliebene Bleichmittel auszuwaschen. Dem Abwasser, das im Reinigungsprozess entsteht, wird Natriumthiosulfat hinzugefügt, um es zu neutralisieren. So kann es entsorgt werden, ohne der Umwelt zu schaden. Schließlich wird das „Selbstbildnis“ getrocknet und ist dann bereit, in einer Ausstellung gezeigt zu werden.

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Voilà: Nach der Reingung