Das Städel diskutiert die Gegenwart
Zu Gast im Portikus
„Offen für Gegenwart: Das Städel zu Gast bei...“ lautet der Titel einer neuen Gesprächsreihe, die das Städel Museum am vergangenen Dienstag startete. Bei der bis auf den letzen Platz gefüllten Auftaktveranstaltung im Portikus sprach die Gastgeberin und Portikus-Kuratorin Sophie von Olfers mit Dr. Martin Engler, Sammlungsleiter Gegenwartskunst im Städel Museum, über den unterschiedlichen institutionellen Umgang mit Gegenwartskunst. Gefragt wurde nach den offensichtlichen Gegensätzen, aber auch den produktiven Schnittstellen, an denen sich die Interessen und Anliegen der beiden Institutionen kreuzen. Moderiert wurde das Gespräch von Rudolf Schmitz, Kunstkritiker und Redakteur des Hessischen Rundfunks.
Gudrun Herz | 24.10.2011
Während Sophie von Olfers den Portikus mit einem Pavillon auf der Biennale in Venedig verglich, in dem das Publikum auf sehr direkte Weise mit der jeweiligen künstlerischen Position konfrontiert wird, möchte das Städel Museum als Malereimuseum nicht auf die Schnelligkeit des Kunstbetriebs reagieren und ist insbesondere auch seiner 200-jährigen Sammlungstradition verpflichtet. „Mit der Präsentation der Gegenwartskunst im Städel versuchen wir eine Narration zu erzeugen, die nicht unbedingt einer Chronologie folgt, sondern Verbindungen herstellt und dem Betrachter Seitenwege aufzeigt, die Vergangenheit und Gegenwart der Kunstgeschichte miteinander vernetzen“, beschreibt Dr. Martin Engler die Sammlung der Gegenwartskunst im Erweiterungsbau, der ab Ende Februar 2012 eröffnet wird.
Der Installationskünstler und Städelschule-Absolvent Michael Beutler wurde mehrfach im Zusammenhang mit Konkurrenzen und sich überschneidenden Interessen der beiden Institutionen als Beispiel herangezogen. Bereits 2007 entwickelte er für den Portikus eine raumfüllende Skulptur. Zur Eröffnung des Städel-Erweiterungsbau wird der Künstler ebenfalls eine Arbeit in situ realisieren – auch das MMK Museum für moderne Kunst Frankfurt zeigt Werke des Künstlers in seiner Jubiläumsausstellung. Da Michael Beutlers Arbeiten sich durch einen besonderen ortspezifischen Charakter auszeichnen und nur am Entstehungsort funktionieren, waren sich die Gesprächspartner einig, dass Konkurrenzsituationen auch befruchtend wirken können und sozusagen „das Geschäft beleben“.
Einvernehmen gab es nicht zuletzt darüber, dass sich der institutionelle Umgang mit Gegenwartskunst in den letzten 20 Jahren enorm verändert hat. Hatte das Museum früher den Ruf des Stillstands und der Bewahrung von Vergangenem, ist es heute ein Ort gesellschaftlicher Dynamik. Für diesen Wandel stehen sowohl der Portikus, der sich seit vielen Jahren als Bildungsort für die Städelschule etabliert hat und zahlreiche heute international renommierte Künstler wie zum Beispiel Wolfgang Tilmans schon am Anfang ihrer Karriere mit Ausstellungen beauftragte, als auch das Städel Museum. Denn mit der Eröffnung des Neubaus steht das Städel nicht nur vor der größten baulichen, sondern auch vor der größten inhaltlichen Erweiterung seiner Geschichte.
Am Ende äußerte Sophie von Olfers noch den Wunsch, dass die Frankfurter Kunstinstitutionen sich mehr um die Kunstwerke, die für den Portikus produziert werden, bemühen und sie in ihre Sammlungen aufnehmen sollten. Dies könne die Kunstszene der Stadt nur bereichern. Diese Empfehlung wurde den Verantwortlichen mit auf den Weg gegeben. Bei den Besuchern weckte die erste Veranstaltung der neuen Gesprächreihe viele Erwartungen an die Eröffnung des Städel-Erweiterungsbaus. Die offenen Fragen, die man auf dem Nachhauseweg durch das nasskalte Herbstwetter mitnahm, werden in den kommenden Gesprächsrunden gewiss weiter diskutiert werden.
Die weiteren Termine von „Offen für Gegenwart. Das Städel zu Gast bei…“ finden Sie hier.
Kommentare (0)