Die Gesprächsrunde mit Dr. Martin Engler, Rudolf Schmitz und Sophie von Olfers (v.l.n.r.)

Rudolf Schmitz stellte gleich zu Beginn die entscheidende Frage nach der Funktion der beiden Häuser. Trotz ihrer gemeinsamen Wurzeln – das Städel Museum und die Städelschule, deren Ausstellungshalle der Portikus ist, verdanken sich demselben Stifterbrief Johann Friedrich Städels – haben beide Häuser durchaus unterschiedliche Profile und Aufgabenbereiche.

Die Unmittelbarkeit der gezeigten Werke ist ein Wesensmerkmal des Portikus.

Während Sophie von Olfers den Portikus mit einem Pavillon auf der Biennale in Venedig verglich, in dem das Publikum auf sehr direkte Weise mit der jeweiligen künstlerischen Position konfrontiert wird, möchte das Städel Museum als Malereimuseum nicht auf die Schnelligkeit des Kunstbetriebs reagieren und ist insbesondere auch seiner 200-jährigen Sammlungstradition verpflichtet. „Mit der Präsentation der Gegenwartskunst im Städel versuchen wir eine Narration zu erzeugen, die nicht unbedingt einer Chronologie folgt, sondern Verbindungen herstellt und dem Betrachter Seitenwege aufzeigt, die Vergangenheit und Gegenwart der Kunstgeschichte miteinander vernetzen“, beschreibt Dr. Martin Engler die Sammlung der Gegenwartskunst im Erweiterungsbau, der ab Ende Februar 2012 eröffnet wird.

Im Städel wird die Gegenwartskunst auch in der Tradition des Hauses stehen.

Der Installationskünstler und Städelschule-Absolvent Michael Beutler wurde mehrfach im Zusammenhang mit Konkurrenzen und sich überschneidenden Interessen der beiden Institutionen als Beispiel herangezogen. Bereits 2007 entwickelte er für den Portikus eine  raumfüllende Skulptur. Zur Eröffnung des Städel-Erweiterungsbau wird der Künstler ebenfalls eine Arbeit in situ realisieren – auch das MMK Museum für moderne Kunst Frankfurt  zeigt Werke des  Künstlers in seiner Jubiläumsausstellung. Da Michael Beutlers Arbeiten sich durch einen besonderen ortspezifischen Charakter auszeichnen und nur am Entstehungsort funktionieren, waren sich die Gesprächspartner einig, dass Konkurrenzsituationen auch befruchtend wirken können und sozusagen „das Geschäft beleben“.

Einvernehmen gab es nicht zuletzt darüber, dass sich der institutionelle Umgang mit Gegenwartskunst in den letzten 20 Jahren enorm verändert hat. Hatte das Museum früher den Ruf des Stillstands und der Bewahrung von Vergangenem, ist es heute ein Ort gesellschaftlicher Dynamik. Für diesen Wandel stehen sowohl der Portikus, der sich seit vielen Jahren als Bildungsort für die Städelschule etabliert hat und zahlreiche heute international renommierte Künstler wie zum Beispiel Wolfgang Tilmans schon am Anfang ihrer Karriere mit Ausstellungen beauftragte, als auch das Städel Museum. Denn mit der Eröffnung des Neubaus steht das Städel nicht nur vor der größten baulichen, sondern auch vor der größten inhaltlichen Erweiterung seiner Geschichte.

Das Untergeschoß des Portikus war bis auf den letzten Platz belegt.

Am Ende äußerte Sophie von Olfers noch den Wunsch, dass die Frankfurter Kunstinstitutionen sich mehr um die Kunstwerke, die für den Portikus produziert werden, bemühen und sie in ihre Sammlungen aufnehmen sollten. Dies könne die Kunstszene der Stadt nur bereichern. Diese Empfehlung wurde den Verantwortlichen mit auf den Weg gegeben. Bei den Besuchern weckte die erste Veranstaltung der neuen Gesprächreihe viele Erwartungen an die Eröffnung des Städel-Erweiterungsbaus. Die offenen Fragen, die man auf dem Nachhauseweg durch das nasskalte Herbstwetter mitnahm, werden in den  kommenden Gesprächsrunden gewiss weiter diskutiert werden.